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Ein Auslandsjahr in Zeiten von Corona – Anezka in Frankreich (Monat 5)

Heute ist die Hälfte meines Auslandsjahres vorbei. Zeit für einen Rückblick.

Einerseits bin ich schockiert, wie schnell die Zeit vergeht, anderseits realisiere ich, dass ich mir hier in dieser kurzen Zeit ein total neues Leben aufgebaut habe und es geschafft habe, mich in fünf Monaten in einem fremden Land wie zu Hause zu fühlen. Es ist eine neue Austauschschülerin an unsere Schule gekommen, und wenn ich mit ihr spreche, bin ich immer wieder fasziniert, da sie mit genau den gleichen „Problemen“ zu tun hat, wie ich damals. Dank ihr reflektiere ich oft meine Anfangszeit und das motiviert mich, meine Erfahrungen auch hier zu teilen. Mir ist aufgefallen, dass ich in meinen letzten Berichten immer wieder die positiven Seiten meines Auslandsaufenthaltes aufgezeigt habe. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es immer die schönen Erinnerungen sind, die einem am meisten im Kopf bleiben und die man teilen möchte. Trotzdem lief auch bei mir nicht alles perfekt, und das ist auch gut so, denn aus den schwierigen Situationen lernt man am meisten. Obwohl ich mir wünsche, dass meine Berichte andere Leute dazu motivieren, ein Auslandsjahr zu machen, möchte ich diese allgemein nicht romantisiert darstellen. Ich teile meine Erfahrungen, damit man ungefähr weiß, worauf man sich einlässt. Jedoch weise ich darauf hin, dass, auch wenn viele Erfahrungen ähnlich oder gleich sind, jedes Auslandsjahr eine einzigartige Erfahrung ist und ich deshalb nur für mich persönlich sprechen kann. Andere Austauschschüler können und haben wahrscheinlich auch andere Meinungen zu den Themen, die ich ansprechen werde.

  • Sprachbarriere

Ehrlich gesagt war mein Französisch nicht das beste, als ich in Frankreich ankam – das habe ich dann bei meiner Ankunft schnell zu spüren bekommen. Ich war in der Schule eigentlich ganz gut, aber das gesprochene Alltagsfranzösisch ist logischerweise auch ganz anders als das, was wir auf dem Gymnasium lernen. Die ersten Wochen waren also wirklich schlimm, was das Verstehen und Verständigen angeht. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Schultag erinnern, als ich wirklich kein Wort verstanden habe, da die Lehrerin mit ihrer Maske schnell und undeutlich gesprochen hat. Am Ende dieses Tages war ich sehr frustriert und dachte, dass ich nie im Leben verstehen würde, was in der Schule gesagt wird (spoiler: mittlerweile verstehe ich so gut wie alles).

Dagegen war es mit meiner Gastfamilie nie wirklich schwierig. Ich bin nicht ihre erste Gastschülerin, und somit hatten sie schon Erfahrung. Sie haben immer sehr langsam und deutlich geredet und waren sehr geduldig mit mir.

Es ist wichtig, dass man sich nicht verunsichern lässt und so viel wie möglich redet. Fehlermachen ist vor allem am Anfang überhaupt nicht schlimm. Die Leute werden euch das nicht übel nehmen und euch gegebenfalls nur verbessern, was auch zu eurem Besten ist.

  • Anschluss finden

Freunde finden ist total einfach. Das dachte ich jedenfalls, bevor ich herkam. Allerdings ist das gar nicht so leicht, vor allem wenn man die Sprache nicht fließend spricht und wenn alle anderen schon feste Freundesgruppen haben.

Anfangs ist kaum einer auf mich zugekommen und die ersten paar Tage gab es allgemein kein großes Interesse an mir. Man muss aber dazu sagen, dass ich auf einer sehr großen Schule bin, und somit wussten viele die erste Woche nicht mal, dass ich neu und alleine bin. Außerdem darf man nicht davon ausgehen, dass nur, weil man neu ist, sich alle für einen interessieren werden. Als Gastschüler ist man (hoffentlich) sehr neugierig, was neue Menschen und Kulturen angeht, aber so sind eben nicht alle Menschen. Damals hätte ich mir gewünscht, dass mir mehr Interesse von meinen Mitschülern und Lehrern gezeigt wird, aber jetzt bin ich froh, dass es alles so verlaufen ist, wie es ist. Es hat mich gelehrt, Sachen selbst in die Hand zu nehmen. Und dank dem, habe ich dann nach und nach immer mehr Freunde gefunden und fühle mich mittlerweile komplett angekommen. Der Tipp, den ich euch mitgeben kann, ist, zu versuchen nicht schüchtern zu sein und so viel wie möglich auf Leute zuzugehen. Wartet nicht darauf, von den anderen angesprochen zu werden, sondern macht es selbst. Fragt nach Treffen, gemeinsamen Interessen etc.. Außerdem ist es sehr hilfreich, sich bei einem Verein anzumelden, um extra Kontakte zu knüpfen.

Denkt immer daran, dass die Entwicklung einer Freundschaft Zeit braucht. Seid nicht zu aufdringlich, aber gebt euch trotzdem Mühe mit den Leuten in Kontakt zu bleiben.

  • Heimweh

Ich bin sehr froh bis jetzt davon ziemlich verschont geblieben zu sein. Klar gibt es Momente, in denen man sich wünscht, seine Freunde und seine Familie wiederzusehen, aber Heimweh würde ich das nicht nennen. Solange man sich mit der Gastfamilie und den Mitschülern gut versteht und in seiner Freizeit immer gut beschäftigt ist, kann es meiner Meinung nach nicht großartig zu Heimweh kommen.

  • Kulturschock

Da ich vor meinem Auslandsjahr in Frankreich schon zweimal war, kannte ich die Kultur schon ein wenig und somit gab es keine großen Kulturschocks für mich. Dennoch gibt es immer neue Sachen, an die man sich gewöhnen muss. Während ich in Deutschland zum Beispiel meistens gegen 18 Uhr zu Abend aß, isst man hier in Frankreich erst zwischen acht und neun Uhr. Des Weiteren wird in Frankreich nicht so viel Wert auf Pünktlichkeit gelegt, sodass man immer mit 20/30 Minuten Verspätung der Busse rechnen muss. Aber auch an meiner Schule gibt es Regeln, die ich davor nicht gewohnt war. Zum Beispiel dürfen Mädchen keine kurzen Hosen oder Trägertops tragen.

Das ist anfangs alles eine Gewöhnungssache, aber wenn man die schönen Seiten einer neuen Kultur kennenlernt, dann nimmt man auch die Umstellungen in Kauf.

  • Corona

Leider findet mein Auslandsjahr nicht in der einfachsten Zeit statt. Viele Dinge, die man hier normalerweise unternehmen kann, sind für mich nicht möglich. Museen, Restaurants und Cafés sind geschlossen. Ab 18 Uhr muss man zu Hause sein, alle Arten von Veranstaltungen und Festivals sind abgesagt. Und selbst Barcelona, eine Stadt, die ich unbedingt mal sehen möchte und die nur zwei Stunden von mir entfernt ist, kann ich nicht besichtigen. Wenn das alles möglich wäre, würde mein Auslandsjahr wahrscheinlich ganz anders ablaufen und noch mal viel schöner sein. Allerdings versuche ich, die positiven Sachen zu sehen und zu schätzen, dass man überhaupt noch ein paar Dinge machen darf. Wenn ich die Situation mit Deutschland vergleiche, bin ich sogar froh für all die Möglichkeiten, die ich hier bis jetzt noch habe. Immerhin haben wir jeden zweiten Tag Präsenzunterricht, die Läden sind offen, man kann Freunde treffen, sich unbeschränkt innerhalb des Landes bewegen und selbst mein Training am Strand findet weiterhin statt …. Zwischen der Wahl Online-Unterricht in Deutschland und eine neue Sprache im Ausland lernen, ist die zweite Option meiner Meinung nach viel sinnvoller.

So viel dazu. Vielleicht mag all das für viele gar nicht so kompliziert klingen, aber für mich waren das schon ziemlich große Herausforderungen. Trotzdem habe ich bis jetzt alles sehr gut überstanden und bin in der Hinsicht auch ziemlich stolz auf mich. Ich bin gespannt, was in den nächsten fünf Monaten noch alles auf mich zukommen wird und werde euch diese Art von Rückblick am Ende des Auslandsjahres noch mal geben. Sonst habe ich im Januar auch noch einige anderen Sachen erlebt. Da der Bericht jetzt aber schon ziemlich lang ist, werde ich das dann mit den Erlebnissen aus dem Februar im nächsten Bericht zusammenfassen.

Macht’s gut und bleibt gesund!

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